Foto: Rudolf Renner

Noten sind auch nicht alles

In den letzten Wochen fanden an der Marienschule Saarbrücken die Abiturprüfungen statt. Wie an vielen anderen Gymnasien im Saarland ging damit eine (mindestens!) 12-jährige Schullaufbahn für die Schülerinnen und Schüler zu Ende.

Vor diesem Ende standen aber noch viele, teils schweißtreibende Prüfungen auf dem Programm. Aus zwei Jahren Oberstufe (aber auch aus mehreren Jahren Mittelstufe) wurde Wissen abgefragt, schriftlich und mündlich. Die Jugendlichen haben viel gebüffelt; aber nur ein kleiner Teil von dem, was sie gelernt haben, wurde dann auch tatsächlich abgefragt. So ist das ja bei vielen Prüfungen: Man lernt sehr viel, weil man sich nicht sicher ist, was wirklich dran kommt (und das regt auf, schafft große Anspannung und macht reizbar). Doch am Ende geht es nur um einen Bruchteil von dem, was man gepaukt hat.

Abiturprüfung wie viele andere Prüfungen – das heißt Noten, Beurteilung, Ausrichten nach Prüfungsordnungen. Ich finde es immer wieder schwierig, Wissen in Noten auszudrücken. Natürlich ist mir klar, dass diese Noten Vergleichbarkeit schaffen sollen und eine Grundlage für weitere Ziele und Wünsche sind (und deshalb nötig und hilfreich sein können). Aber grade im Fach Religion geht es mir um viel mehr als reines Wissen: um die ganze Person, die da vor mir sitzt und aufgeregt ist, deren Entwicklung ich eventuell über Jahre mitbekommen habe (und nun staune, wie sie sich entwickelt hat) und die nun auf den Punkt das Wissen präsentieren soll, das grade gefragt ist.

Ich merke immer wieder: ein Mensch ist so viel mehr als Punkte und Noten. Sicher, wir wollen uns auch mit anderen messen; eine Konkurrenz kann dazu führen, dass wir mehr leisten, als wir uns zugetraut hätten. Das kann sie, muss sie aber nicht! Ein Mensch kann auch an der Konkurrenz kaputtgehen und dem Leistungsdruck nicht standhalten. Und trotzdem ist jeder Mensch ein einzigartiges Wesen, von Gott geliebt und mit besonderen Gaben ausgestattet (aber auch mit Grenzen).

„Wohl dem Menschen, der Weisheit erlangt, und dem Menschen, der Einsicht gewinnt,“ heißt es in den Sprüchen Salomos im Ersten Testament. Diese Weisheit kann sich in Noten ausdrücken, aber sie umfasst so unendlich viel mehr, das sich nicht in benoten lässt, auch nicht in Abiturnoten. Ich wünsche Ihnen, dass Sie diese Weisheit in aller Vielfalt entdecken in den Wochen, die vor uns liegen.